BRAK-Mitteilungen 1/2025

tes Spektrum an Erkenntnissen dargestellt, jedoch sollen hier noch einige weitere Aspekte, auch aus Sicht der Kanzleien, ergänzt werden. a) ANWALTLICHE PERSPEKTIVE Insgesamt sind rund 63 % der befragten Anwältinnen und Anwälte offen für die Einstellung von Auszubildenden zum/zur ReFa. Etwa die Hälfte davon beschäftigt aktuell mindestens einen bzw. eine ReFa-Auszubildende. Wenn dies nicht der Fall ist, konnte meist keine Betreuung der Auszubildenden geleistet werden, da die Mitarbeitendensituation bereits äußerst angespannt ist oder Zeit bzw. finanzielle Mittel nicht ausreichend sind. Wenn Auszubildende das Ende der Ausbildung in einer Kanzlei erreichen, ist es aber sehr häufig der Fall, dass diese in der Kanzlei übernommen werden können. Dabei sind die Befragten von der schulischen Ausbildung ihrer Azubis eher nicht begeistert. Die Bewertung schwankt zwischen neutral und eher unzufrieden (Mittelwert von 2,83 Punkten von 5). Hier werden vor allem der fehlende Praxisbezug, eine schlechte EDV-Ausbildung und die Diskrepanz zwischen gelernten Inhalten und notwendigen praktischen Wissen als problematisch empfunden. Passend dazu wird der Ausbildungsberuf ReFa von den Anwältinnen und Anwälten selbst als eher unattraktiv (bis neutral) wahrgenommen. Hier werden wiederum 2,74 Punkte auf der bekannten Skala von 1 bis 5 vergeben. Als zentraler Grund für die Einschätzung wird seitens der Berufsträger die geringe Bezahlung genannt. Dies ist ein sehr interessanter Aspekt, da die Entlohnung der ReFas von den Kanzleien frei festgesetzt werden kann. Es gibt für Azubis Mindestempfehlungen der Rechtsanwaltskammern, was die Vergütung angeht,2 2 Übersicht über die Vergütungsempfehlungen der Rechtsanwaltskammern in Nachr. aus Berlin 2/2024 v. 24.1.2024. aber keine Höchstsätze. Zudem gibt es seit dem Jahr 2020 eine gesetzliches Mindestvergütung für AuszubilAbb. 2 dende, welche aber unter den Empfehlungen der Kammern liegt.3 3 S. dazu Nachr. aus Berlin 24/2024 v. 28.11.2024. Somit liegt die Entscheidung über die Höhe der Vergütung bei den Kanzleiinhabenden. Neben der Vergütung werden aber auch die Aspekte Termindruck, Stress und geringe Aufstiegsmöglichkeiten sowie eintönige Arbeitsinhalte als Negativpunkte genannt. Aber auch dies sind Dinge, die im Kanzleialltag zu einem gewissen Grad von den Kanzleiverantwortlichen gesteuert werden können. Interessant ist hierbei, dass die Sicht der Anwältinnen und Anwälte durchaus von den ReFas und Azubis geteilt wird: Auch in diesem Teil der Befragung werden quasi die gleichen Problematiken als Negativpunkte des Berufs genannt. b) PERSPEKTIVE DER REFAS UND AUSZUBILDENDEN Im Rahmen der Befragung von ReFas und Azubis zeigt sich, dass die überwiegende Mehrheit der Befragten aus Interesse am Themengebiet und Beruf auf die Ausbildung zur ReFa gestoßen ist. Im Kanzleialltag werden vor allem die Möglichkeit zum selbstständigen Arbeiten, der Umgang der Kolleginnen und Kollegen untereinander und die interessanten Arbeitsinhalte positiv bewertet. Wie bereits angeklungen, wird die Ausbildungsvergütung mit Abstand am schlechtesten bewertet. Hier zeigt sich ein Wert von 2,25 Punkten (von 5, Skala 1 bis 5, vgl. Abb. 2) unter aktuell in der Ausbildung befindlichen ReFas. Die empfohlenen Ausbildungsvergütungen unterscheiden sich zwar zwischen den Kammerbezirken, aber im Mittel kann von 830 Euro brutto im Jahr 2023 und 940 Euro brutto im Jahr 2024 für das erste Ausbildungsjahr ausgegangen werden. Dies erklärt auch die negative Bewertung des Gehalts, da dieses, gerade wenn man die allseits steigenden Kosten betrachtet, doch überschaubar ist. Insgesamt wird sowohl von Azubis als auch ausgelernten ReFas oftmals die fehlende Flexibilität der Kanzleien bemängelt. Arbeitszeiten, Homeoffice, Urlaubsplanung – dies scheinen häufig Aspekte zu sein, die sehr starr geregelt sind. Dies bestätigt sich, wenn ausgewählte Aspekte der Ausbildungskanzlei explizit bewertet werden. Hierbei fällt aber auch auf, dass sowohl der zwischenmenschliche Umgang als auch die Hilfestellung bei beruflichen Problemen sowohl von Azubis als auch ausgelernten ReFas gut bewertet werden. Genau genommen schwankt die Einschätzung zwischen einer mittelmäßigen und eher guten Bewertung. Nichtsdestotrotz geben nur 45 % der aktuell in Ausbildung GENITHEIM, ANWALTSCHAFT 4.0: JOBZUFRIEDENHEIT IM KANZLEIALLTAG AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 1/2025 7

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