liches Verhalten oder Belästigungen im beruflichen Kontext erlebt haben. Fast die Hälfte (49,71 %) gab an, in den letzten zwei Jahren im Zusammenhang mit ihrer Anwaltstätigkeit mindestens einmal verbalen Aggressionen, beispielsweise Beleidigungen oder negativen bzw. diskriminierenden Kommentaren, ausgesetzt gewesen zu sein. 6,8 % erlebten in diesem Zeitraum mindestens einmal körperliche Aggression. Rund 20 % erlebten mindestens einmal bedrohliches Verhalten, etwa in Form eines Drohbriefs. Fast ein Drittel (31,22 %) waren mit belästigendem Verhalten, etwa Unter-Druck-Setzen oder Provokation, konfrontiert. Ein relativ gleichbleibender Teil der Antwortenden (ca. 10-16 %) gab hierbei jeweils an, nur einen solchen Vorfall erlebt zu haben. Bei verbaler Aggression und Belästigung überwog jedoch der Anteil derjenigen, die in den letzten zwei Jahren mehrere derartige Vorfälle erlebten, jeweils deutlich. b) AUFGEBEN DES ANWALTSBERUFS Frage 10 zielte darauf, zu erfahren, ob wegen erlebter Aggression, Belästigung oder Bedrohung überlegt wird, den Anwaltsberuf aufzugeben. Mehr als drei Viertel (77,24 %) gaben an, bislang nie darüber nachgedacht zu haben. Ein weiteres gutes Fünftel (14,59 % + 6,64 %) gaben an, diese Gedanken selten oder manchmal gehabt zu haben. Insgesamt rund 1,5 % denken regelmäßig oder sogar oft über die Aufgabe des Anwaltsberufs nach. Knapp 10 % der Teilnehmenden gaben zudem an (Frage 21), eine oder mehrere Personen zu kennen, die den Anwaltsberuf aufgrund einer Aggression oder eines ähnlichen Vorfalls verlassen haben. c) KONKRETE VORFÄLLE Mit den folgenden Fragen (Fragen 11-17) sollte der schwerwiegendste bzw. jüngste Vorfall näher ausgeleuchtet werden, den die Teilnehmenden (bzw. deren Familienangehörige oder Freunde) in ihrer Rolle als Anwältin oder Anwalt erlebt haben. aa) ART DES VORFALLS Frage 11 richtete sich auf die Art des erlebten Vorfalls; hierbei war nur eine Antwort möglich, so dass ggf. ein Schwerpunkt gebildet werden musste. 63,66 % gaben an, verbale Aggressionerlebt zu haben, etwa Fluchen, Schreien, Beleidigungen oder negative bzw. diskriminierende Kommentare, sowohl online als auch offline. Konkrete Drohungen – z.B. als Brief oder Anruf – gegen sich selbst oder Angehörige erhielten 14,39 % der Teilnehmenden. Belästigungen, etwa Unter-Druck-Setzen, Provozieren, Stalken, Erpressen, erlebten 17,71 % der Teilnehmenden. 4,25 % erfuhren physische Aggression in Form von Schubsen, Schlagen, Bespucken, körperliche Verletzungen, aber auch Beschädigung oder Zerstörung von Gegenständen. bb) BESONDERE BERUFLICHE FUNKTION Frage 12 zielte darauf, zu erfahren, ob Anwältinnen und Anwälte in bestimmten Funktionen besonders gefährdet sind, in denen sie oft mit für die Betroffenen besonders belastenden Situationen zu tun haben. Der weit überwiegende Teil der Teilnehmenden (92,59 %) gab an, dass dies bei ihnen nicht der Fall war; die erlebten Vorfälle hingen mit ihrer normalen anwaltlichen Tätigkeit zusammen. Bei den besonderen Funktionen wurden am häufigsten Betreuungen genannt (4,1 %), die zweithäufigste Nennung waren Insolvenzverwaltungen (1,63 %). Bei den übrigen abgefragten Funktionen – Zwangsverwaltung, Schiedsrichter/Schlichtung/Mediation, Testamentsvollstreckung/Nachlassverwaltung, Notariat – bewegen sich die Zahlen jeweils unter 1 %. cc) GENUTZTE KANÄLE Für das aggressive Verhalten wurden, wie die Antworten auf Frage 1313 13 Hierbei waren Mehrfachnennungen möglich. zeigen, überwiegend direkte persönliche Kommunikationskanäle genutzt: Am häufigsten wurde hier persönlicher (48,32 %) oder telefonischer (36,75 %) Kontakt genannt, gefolgt von E-Mail (29,86 %) und Brief (11,63 %). Auf indirektem Weg, insb. über die sozialen Medien (18,81 %) oder Dritte (7,35 %), wurden insgesamt nur etwas über ein Viertel der aggressiven Verhaltensweisen erlebt. dd) TÄTERKREIS Frage 14 richtete sich darauf, von wem das aggressive Verhalten verübt wurde (vgl. Abb. 2 – Täterkreis). Insgesamt über die Hälfte (51,25 %) der Vorfälle rührten aus dem Lager der eigenen Mandanten: In 13,81 % der Fälle waren es aktuelle Mandanten, in 29,46 % ehemalige Mandanten und in weiteren 7,98 % Personen, die mit dem Mandanten in Verbindung stehen. Am zweithäufigsten ging das aggressive Verhalten vom gegnerischen Lager aus: In fast einem Drittel der Fälle (32,86 %) war es die Gegenpartei, in weiteren rund 6 % der Fälle deren anwaltliche Vertretung oder Personen, die mit der Gegenpartei in Verbindung stehen. 8,39 % der Teilnehmenden gaben an, dass ihnen der Täter unbekannt sei; ferner nannten 1,43 % Personen aus dem Milieu der organisierten Kriminalität als Täter. ee) ZIEL DER AGGRESSION Nach den Personen, gegen die das aggressive Verhalten gerichtet war, wurde in Frage 15 gefragt; dabei waren Mehrfachnennungen möglich. Erwartungsgemäß waren in der weit überwiegenden Zahl der Fälle (93,01 %) die Anwältin oder der Anwalt selbst betroffen. Mitarbeitende der Kanzlei (11,77 %) NITSCHKE, AGGRESSION UND BEDROHUNG GEGEN ANWÄLTINNEN UND ANWÄLTE – EIN EMPIRISCHER BLICK AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 1/2025 11
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