BRAK-Mitteilungen 1/2025

verweigert werde. Ein zypriotischer Anwalt des Finanzierers erklärte, den Sachverhalt gar nicht zu kennen, und lehnte die Übernahme der offenen Kosten (Kosten der Gegenseite für die II. und III. Instanz, Gerichtskosten des BGH) ab. Das Landgericht verurteilte die Kanzlei, der Klägerin die von ihr getragenen Kosten zu erstatten und die Klägerin von allen weiteren offenen Kosten freizustellen. Eine Widerklage der Kanzlei auf Zahlung offener Honorare wurde abgewiesen. Die Berufung der Kanzlei wurde vom OLG zurückgewiesen. Eine anwaltliche Pflichtverletzung durch fehlerhafte Führung des Ausgangsverfahrens verneinte das OLG jedoch, anders als das LG. Eine solche sei nicht nachvollziehbar dargelegt. Auch sei hinsichtlich des (bestrittenen) Vorwurfs unzureichender Risikoaufklärung angesichts der erfolgten Finanzierungszusage nicht ersichtlich, dass die Klägerin bei anderer Belehrung von der Rechtsverfolgung Abstand genommen hätte (keine Vermutung für beratungsgemäßes Verhalten). Auch ein Verschulden der Kanzlei bei der Auswahl des Finanzierers lehnte das OLG ab. Die Kanzlei hafte aber unabhängig von dem Anwaltsmandat nach § 311 III 2 BGB als Dritte aufgrund der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens bei der Vermittlung des Finanzierungsvertrags aus sog. Sachwalterhaftung. Rechtsanwalt Dr. B. habe gegenüber der Klägerin eine besondere Vertrauensstellung eingenommen und ihr angesichts der von ihr geäußerten Bedenken zugesichert, dass sie den Rechtsstreit ohne eigenes finanzielles Risiko führen könne. Die Kanzlei habe, jedenfalls zunächst, auch das Kostenmanagement für die Klägerin übernommen. Die Klägerin habe daher die Kanzlei als Garanten der Durchführung des Finanzierungsvertrags ansehen können. Das Agieren von Rechtsanwalt Dr. B und von G. seien der Beklagten zuzurechnen. Auch habe die Beklagte selbst jeweils die Gerichtskosten eingezahlt. Dem mit der Widerklage geltend gemachten Vergütungsanspruch stehe der Einwand treuwidrigen Verhaltens („dolo agit ...“, § 242 BGB) entgegen, da die Kanzlei auch insofern ihre Pflichten aus dem Sachwalterverhältnis verletzt habe. Das OLG stellte zu Recht klar, dass dieser doch etwas spezielle Fall sich von einer üblichen bloßen Empfehlung eines etablierten Prozessfinanzierers unterscheide. (hg) REGRESSANSPRÜCHE NACH FALSCHEN ANGABEN ÜBER PROZESSAUSGANG 1. Die alleinigen Gesellschafter einer KG bzw. deren Komplementär-GmbH und somit allein wirtschaftlich Berechtigten sind in den Schutzbereich eines Beratervertrages zwischen KG und Anwalt einbezogen, wenn dieser die Prozessführung für die KG wegen Schadenersatzansprüchen zum Gegenstand hat. 2. Werden vom Mandanten aufgrund unwahrer Behauptungen des Anwalts über einen Prozessausgang Verbindlichkeiten eingegangen, für die sich der Mandant ohne den (angeblich) positiven Prozessausgang nicht verpflichtet hätte, stellt dies schon für sich genommen einen Schaden dar (hier: Rückabwicklungskosten wegen eines Grundstückskaufvertrags). (eigene Ls.) LG Oldenburg, Urt. v. 22.10.2024 – 16 O 3043/23 Angesichts des diesem Fall zugrunde liegenden Sachverhalts ist man schon einigermaßen konsterniert, ja fassungslos. Eine KG beauftragte einen Anwalt mit der Beratung in einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung. Dieser riet zur Abgabe von Unterlassungserklärungen. Später wurde ein anderer Anwalt beauftragt, der dieses Vorgehen für falsch hielt und den einzigen Gesellschaftern, einem Ehepaar, erklärte, dass Regressansprüche gegen den zuvor tätigen Anwalt in Frage kämen, die in der Folge auch gerichtlich anhängig gemacht wurden. Dieses Verfahren endete mit einem klageabweisenden Versäumnisurteil, weil im Verhandlungstermin keine Anträge gestellt und später der gegen das Versäumnisurteil eingelegte Einspruch zurückgenommen wurde. Von diesen Vorgängen wurden allerdings die Kläger nach eigenen Angaben nie informiert. Im Gegenteil habe der sachbearbeitende Anwalt ihnen mitgeteilt, der Rechtsstreit sei gewonnen worden, die Mandanten könnten mit einem Schadenersatzbetrag von 1,2 Mio. Euro zugunsten der KG rechnen. Wegen einer Zeitverzögerung und den dadurch angeblich angefallenen Zinsen habe sich der Betrag dann sogar noch auf 1,8 Mio. Euro erhöht. Auf mehrfache Nachfrage wurde der Erhalt des Geldes als sicher dargestellt, wobei aber immer wieder Verzögerungen beim Transfer vorgegaukelt wurden. Mit der Aussicht auf die genannten Summen haben sich die Eheleute dann entschieden, eine Immobilie zum Kaufpreis von 429.000 Euro zu erwerben; der Grundstückskaufvertrag wurde auch beurkundet, nachdem der beklagte Anwalt seinen Mandaten versichert hatte, dass lediglich rein technische Schwierigkeiten die Überweisung des Urteilsbetrags verzögert hätten. In einem weiteren Prozess seien aber noch einmal 500.000 Euro Schadenersatz zugesprochen worden. Auch bei der Kaufvertragsabwicklung beriet der Beklagte die Eheleute. Natürlich erhielten diese das Geld nie, so dass sie auch den Kaufpreis für die Immobilie nicht zahlen und den Vertrag mit entsprechenden Kosten rückgängig machen mussten. Der in Anspruch genommenen Anwalt bestritt die Vorwürfe. Das Gericht hielt aber nach persönlicher Anhörung der Parteien die Angaben der klagenden Eheleute für stichhaltig. Dass die Aussagen nicht in allen Einzelheiten übereinstimmten, wertete es als Beleg dafür, dass sie nicht zuvor abgestimmt worden seien, während der beklagte Anwalt nur sehr vage und ausweiBRAK-MITTEILUNGEN 1/2025 AUFSÄTZE 26

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