chend und mit allgemeinen Erwägungen auf die Fragen geantwortet habe. Das LG stützt Schadenersatzansprüche der Beklagten zum einen auf einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Es liege auf der Hand, dass bei den hier bestehenden wirtschaftlichen Verhältnissen das Wohl und Wehe der Eheleute persönlich dem Anwalt anvertraut war. Zugleich verweist die Kammer darauf, dass über die Beratung im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag auch ein eigener Vertrag zwischen der verklagten Kanzlei und den Eheleuten persönlich bestand, wobei dann offenbleiben konnte, welchem Vertragsverhältnis nun genau die vorgeworfenen Pflichtverletzungen zuzuordnen waren. Da damit ein vertraglicher Anspruch bestand, hafteten auch die mitverklagten Sozien der Anwalts-GbR. Ergänzend dazu hielt die Kammer auch Ansprüche aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) für begründet. Die bewusst wahrheitswidrige Zusicherung eines in Wirklichkeit nicht bestehenden Schadenersatzes stelle einen eklatanten Vertrauensbruch dar, der in besonderem Maße standesrechtswidrig und ethisch wie moralisch vorwerfbar sei. Dabei konnte das LG auf Basis der zuvor getroffenen Feststellungen von Vorsatz ausgehen. Auf dieser Grundlage sah es allerdings die Haftung allein beim sachbearbeitenden Anwalt, nicht bei den Sozien; ersterer sei nicht Verrichtungsgehilfe seiner Kollegen. Das hätte der BGH womöglich anders gelöst. Jedenfalls hatte er in einer etwas anderen, aber nicht minder haarsträubenden, Konstellation die Haftungszurechnung über die analoge Anwendung des § 31 BGB begründet.1 1 BGH, Urt. v. 3.5.2007 – IX ZR 218/05, BRAK-Mitt. 2007, 197 mit Anm. Jungk. Die Mandanten bekamen also denjenigen Schaden ersetzt, der ihnen entstanden war, weil sie im Vertrauen auf den „unverhofften Geldsegen“ die Immobilie erwarben. Auch wenn das LG den Klägern „eine gewisse Naivität“ bescheinigte, kürzte es den Anspruch nicht wegen eines denkbaren Mitverschuldens. Die Berufshaftpflichtversicherung wurde mit dem Anspruch wohl nicht belastet, handelt es sich doch um einen eindeutigen Fall wissentlicher Pflichtverletzung. (bc) FRISTEN DEMNÄCHSTIGE ZUSTELLUNG Verzögerungen im Zustellungsverfahren, die durch eine fehlerhafte Sachbehandlung des Gerichts verursacht sind, sind dem Zustellungsbetreiber nicht zuzurechnen (Anschluss an BGH, Urt. v. 21.7.2023 – V ZR 215/21 Rn. 6, NJW 2023, 2945). Zu solchen Verzögerungen gehören auch Versäumnisse, die bei der Ausführung der Zustellung von dem Zustellorgan verursacht worden sind. BGH, Urt. v. 10.10.2024 – VII ZR 240/23, NJW-RR 2024, 1569 Die „demnächstige Zustellung“ mit der Folge der Rückwirkung der Verjährungshemmung auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung hat eine große praktische Relevanz, da viele Klagen erst ganz knapp vor Verjährungseintritt eingereicht werden und somit die Verjährungshemmung nur noch unter den Voraussetzungen des § 167 ZPO erzielt werden kann. § 167 ZPO setzt voraus, dass die Zustellung „demnächst“ erfolgt. Was hierunter zu verstehen ist, ist der Rechtsprechung zu entnehmen: Nur geringfügige Verzögerungen durch die Partei oder ihren Prozessbevollmächtigten sind demnach akzeptabel. Als geringfügig wird eine Verzögerung von bis zu ca. 14 Tagen angesehen, wobei auch dies von den konkreten Umständen abhängt. Im hier entschiedenen Fall verjährte der Anspruch zum Jahresende 2018. Die Klage wurde der Beklagten am 19.2.2019 zugestellt. Auf die Gerichtskostenanforderung durfte der Kläger nach allgemeiner Auffassung warten. Die Rechnung kam am 7.1., die Kosten wurden bereits am 10.1. eingezahlt. Das KG als Berufungsgericht sah jedoch die weitere Verzögerung als nicht nur geringfügig an, weil die Klägerin in der Klageschrift eine unzutreffende Anschrift der Beklagten angegeben hatte. Der Zusteller legte daraufhin die Klageschrift fehlerhaft in den Briefkasten einer Dritten, statt sie als unzustellbar an das LG zurückzusenden. Die Empfängerin sandte den ihr zugestellten Brief mit dem Bemerken, die Beklagte sei dort nicht bekannt, an das LG zurück, wo er am 4.2.2019 einging. Der bearbeitende Vorsitzende Richter ermittelte am 5.2.2019 anhand des Handelsregisterauszugs die korrekte Adresse der Beklagten und verfügte die Zustellung der Klage. Diese ist schließlich am 12.2.2019 an die Beklagte zugestellt worden. Die entscheidende Frage war also, wem die Verzögerungen durch die fehlerhafte Zustellung zuzurechnen waren. Die Angabe der falschen Adresse führte zu Verzögerungen. Jedoch verkomplizierte das Verhalten des Zustellers die Sache noch. Der BGH prüft die Kausalität des Fehlers der Partei für den Verzögerungszeitraum akribisch: Verzögerungen durch Versäumnisse, die bei der Ausführung der Zustellung von dem Zustellorgan verursacht worden sind, seien nicht der Klägerin zuzurechnen, weil es sich um eine Verzögerung im Geschäftsablauf des Gerichts handele. Maßgeblich sei daher, wie die Zustellung ohne die dem Gericht zuzurechnende Verzögerung verlaufen wäre. Hätte der Zusteller bei ordnungsgemäßem Vorgehen die zuzustellende Klageschrift mit dem Vermerk „Unzustellbar“ unverzüglich zurückgesandt, hätte sie spätestens am übernächsten Tag wieder beim LG vorgelegen und wäre die Zustellung dann am nächsten Werktag erneut veranlasst worden – und damit noch mit einer Verzögerung von weniger als 14 Tagen. Allein die Tatsache, dass ab Verjährungsende einige Wochen ins Land gehen, bis die Klage zugestellt wird, JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 1/2025 27
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