Offen gelassen hat der BGH die Frage, ob die Antragstellerin hätte erwarten dürfen, dass der Antrag vom AG elektronisch an das OLG weitergeleitet wird (das ginge natürlich erheblich schneller als per Post). Das OLG hatte dies mit der Begründung verneint, dass das Verfahren beim AG noch als Papierakte geführt wurde. Der BGH hielt noch fest, dass der (erstmalige) Fristverlängerungsantrag ausreichend begründet gewesen sei; insofern sei ein Hinweis auf Arbeitsüberlastung auch ohne nähere Substantiierung notwendig aber ausreichend. (hg) DRINGLICHKEITSVERLUST DURCH VERLÄNGERUNGSANTRAG IM VERFÜGUNGSVERFAHREN Stellt der Verfügungskläger am Tag des Fristablaufs, einem Freitag, einen Fristverlängerungsantrag zum nächsten Montag, weil wegen des vorangegangenen Feiertags am Donnerstag noch keine Rücksprache mit der Mandantschaft erfolgen konnte, kann dies gegen die notwendige Dringlichkeit sprechen, auch wenn das Gericht die Terminierung erst zu einem Zeitpunkt zwei Wochen später in Aussicht gestellt hatte. (eigener Ls.) OLG München, Urt. v. 25.7.2024 – 29 U 3362/23 e, GRUR-RS 2024, 24168 Per einstweiliger Verfügung sollte ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch durchgesetzt werden. Nachdem das LG diesem Anspruch in erster Instanz stattgab, hielt das OLG München die Berufung schon allein deshalb für unbegründet, weil es nach Ansicht des Senats zum Zeitpunkt der Entscheidung an der Dringlichkeit und damit am erforderlichen Verfügungsgrund fehlte. Aufgrund des im Leitsatz erläuterten Fristverlängerungsantrags um einen Werktag habe die Antragstellerin durch ihr Verhalten zu erkennen gegeben, sie sei nicht derart dringlich auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes angewiesen, dass es ihr nicht zuzumuten sei, auf das Hauptsacheverfahren verwiesen zu werden. Da mit derartigen Anträgen in der Regel eine Verfahrensverlängerung einhergehe, bringe der Antragsteller damit zum Ausdruck, mit einer solchen Verlängerung einverstanden zu sein, womit die Vermutung des § 12 I UWG widerlegt sei. Dabei komme es nicht darauf an, dass durch den Fristverlängerungsantrag überhaupt eine Verzögerung zu befürchten sei oder tatsächlich eintrete. Die Frage sei vielmehr, welcher Erklärungsgehalt dem prozessualen Verhalten entnommen werden könne. Da vorliegend nicht feststand, ob und wann terminiert wird, könne man auch in diesem besonderen Fall (Fristverlängerung lediglich um einen Werktag) davon ausgehen, dass dem Antragsteller die Rechtsdurchsetzung nicht absolut eilig sei, womit er sich selbst widerlegt habe. Wem es also auf eine vorrangige und dringliche gerichtliche Entscheidung im Verfahren einstweiliger Verfügung ankommt, darf sich diesbezüglich nicht die kleinste Blöße geben. (bc) RECHTSBESCHWERDE GEGEN AUSSETZUNGSBESCHLUSS NACH KAPMUG Gegen die Aussetzung eines Verfahrens gem. § 8 I 1 KapMuG in der bis zum 19.7.2024 geltenden Fassung durch ein Berufungsgericht ist die Rechtsbeschwerde nur unter den Voraussetzungen des § 574 I ZPO statthaft. BGH, Beschl. v. 6.11.2024 – III ZB 107/22, ZIP 2024, 294 = WM 2025, 24 In einem Schadensersatzprozess gegen die Wirtschaftsprüfer von Wirecard setzte das OLG als Berufungsgericht das Verfahren durch Beschluss gem. § 8 I 1 KapMuG a.F. aus, nachdem in einem anderen Verfahren ein Vorlagebeschluss erlassen5 5 LG München I, Beschl. v. 14.3.2022 – 3 OH 2767/22 KapMuG. und dieser im Bundesanzeiger veröffentlicht worden war. Gegen die Aussetzung legte der Kläger Beschwerde ein und beantragte die Zulassung der Rechtsbeschwerde, hilfsweise die Behandlung als Anhörungsrüge nach § 321a ZPO. Das OLG verwarf dies als unzulässig und ließ eine Rechtsbeschwerde nicht zu. Der Kläger erhob gleichwohl Rechtsbeschwerde. Diese wurde vom BGH als unzulässig verworfen. Nach § 574 ZPO sei eine Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss nur statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder das Ausgangsgericht sie in dem Beschluss zugelassen hat.6 6 Vgl. BGH, NJW 2019, 376. Beides sei hier nicht der Fall. Eine sofortige Beschwerde gegen OLG-Beschlüsse sei nach § 567 I ZPO nicht statthaft. Ein Rechtsmittel gegen die Nichtzulassung einer Rechtsbeschwerde sei im Gesetz nicht vorgesehen und auch verfassungsrechtlich nicht geboten. Hinweis: Nach der Neufassung ist die Aussetzung von Ausgangsverfahren in § 10 KapMuG geregelt. (hg) BRAK-MITTEILUNGEN 1/2025 AUFSÄTZE 30
RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0