BRAK-Mitteilungen 1/2025

Heranziehung des Kl. zur Beitragszahlung, da sie gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 I GG verstößt. [16] aa) Die Kammerversammlung hat gem. § 89 I 1 Verstoß gegen Gleichheitssatz BRAO die ihr durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen. Nach § 89 II Nr. 2 BRAO obliegt es ihr insb., die Höhe und die Fälligkeit des Beitrags, der Umlagen, Gebühren und Auslagen zu bestimmen. Regelungen über die Art und Weise der Beitragsbemessung enthält die Vorschrift nicht. Als Selbstverwaltungskörperschaften des öffentlichen Rechts (§ 62 I BRAO) sind die RAKn indes in besonderem Maße verpflichtet, ihre Mitglieder gleichmäßig zu behandeln (vgl. Senat, Beschl. v. 25.1. 1999 – AnwZ (B) 48/98, BGHZ 140, 302, 304 und v. 25.1.1971 – AnwZ (B) 16/70, BGHZ 55, 244, 245). [17] Mitgliedsbeiträge zu berufsständischen Kammern sind Beiträge im rechtlichen Sinne. Sie sollen den mit der Mitgliedschaft verbundenen besonderen Vorteil abgelten und müssen daher entsprechend diesem Nutzen bemessen werden. Insbesondere das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitssatz sind zu beachten (vgl. Senat, Beschl. v. 22.8.2023 – AnwZ (Brfg) 7/23, NJW-RR 2024, 56 Rn. 44; v. 25.2.2022 – AnwZ (Brfg) 22/21 Rn. 8; v. 12.3.2015 – AnwZ (Brfg) 82/13 Rn. 11 und v. 25.1. 1999, a.a.O., 304 f.; BVerwGE 92, 24, 26; Peitscher, in Henssler/Prütting, BRAO, 6. Aufl., § 89 Rn. 25; Weyland/Weyland, BRAO, 11. Aufl., § 89 Rn. 15g; jeweils m.w.N.). Zwar sind die RAKn nicht auf eine bestimmte Art der Ausgestaltung ihrer Mitgliedsbeiträge festgelegt. Vielmehr kann die Bemessung nach unterschiedlichen Gesichtspunkten erfolgen (vgl. Lauda, in Gaier/ Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 89 BRAO Rn. 26). Es ist deshalb grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn alle Mitglieder einer RAK in gleicher Höhe zu den allgemeinen Kammerbeiträgen herangezogen werden (vgl. Senat, Beschl. v. 25.2.2022, a.a.O.; Lauda, in Gaier/Wolf/Göcken, a.a.O. Rn. 27). Die Kammern dürfen – etwa unter Berücksichtigung sozialer Kriterien – auch unterschiedlich hohe Beiträge festsetzen. Die gewählte Bemessungsgrundlage muss aber gewährleisten, dass ungerechtfertigte Belastungen vermieden werden (vgl. Senat, Beschl. v. 25.1.1999, a.a.O., 304 und v. 25.1.1971, a.a.O.). [18] bb) Diesen Anforderungen wird Ziff. 1 der Beitragsordnung nicht gerecht. [19] (1) Die unterschiedslose Beitragserhebung bei natürlichen Personen nach Ziff. 1 der Beitragsordnung trägt dem deutlich eingeschränkten Nutzen, der den nichtanwaltlichen Kammermitgliedern im Vergleich zu Rechtsanwälten aus der Mitgliedschaft erwächst, nicht hinreichend Rechnung. [20] (a) Bei wesentlichen Unterschieden hinsichtlich des wesentliche Unterschiede hinsichtlich des Nutzens Nutzens der Kammertätigkeit sind die Beiträge im Hinblick auf den Gleichheitssatz (Art. 3 I GG) nicht unterschiedslos, sondern im Verhältnis dieser unterschiedlichen Vorteile zu bemessen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass eine berufsständische Kammer in erster Linie die Gesamtbelange ihrer Mitglieder zu wahren hat und daher der für die Beitragsbemessung maßgebende Nutzen nicht in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil bestehen muss, der sich bei dem einzelnen Mitglied messbar niederschlägt, sondern weitgehend nur vermutet werden kann (vgl. zur Bemessung der Beiträge der theoretisch arbeitenden Mediziner zur Ärztekammer BVerwG, a.a.O.; vgl. auch Senat, Beschl. v. 22.8.2023, a.a.O. und v. 25.1.1999, a.a.O., S. 305; Kleine-Cosack, BRAO, 9. Aufl., § 89 Rn. 10; Lauda, in Gaier/Wolf/Göcken, a.a.O. Rn. 28). [21] (b) Die Aufgabe der Bekl. besteht wesentlich darin, Belange der Anwaltschaft die Belange der Rechtsanwaltschaft zu wahren und zu fördern (vgl. für den Kammervorstand Lauda, in Gaier/Wolf/Göcken, a.a.O., § 73 BRAO Rn. 12 ff.; Peitscher, in Henssler/Prütting, a.a.O., § 73 Rn. 6 ff.; Weyland/Weyland, a.a.O., § 73 Rn. 18; Ehlers/Lechleitner, AnwBl 2006, 361, 364). Die Arbeit der Bekl. ist daher in besonderem Maße auf die Belange der Rechtsanwaltschaft zugeschnitten. Nichtanwaltlichen Mitgliedern der Bekl. wird hingegen mit Rücksicht auf die Aufgabe der Bekl. keine vergleichbare Wahrnehmung und Förderung beruflicher Belange zuteil. Die Aufnahme von berufsfremden Mitgliedern nach § 60 II Nr. 3 BRAO soll nach dem Willen des Gesetzgebers nicht dazu führen, dass die RAKn nunmehr auch die Interessen von anderen Berufsgruppen wahrnehmen. Im Gegenteil äußert der Gesetzgeber Bedenken, ob die Aufnahme einer Vielzahl von berufsfremden Mitgliedern mit dem Auftrag der Interessenvertretung für die Anwaltschaft noch zu vereinbaren wäre und ob die RAKn die Interessen von anderen Berufsgruppen überhaupt adäquat wahrnehmen könnten; im Hinblick darauf hat er die Pflichtmitgliedschaft auf Mitglieder des Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans der Berufsausübungsgesellschaft beschränkt (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe, BT-Drs. 19/ 27670, 178). [22] Auch vom Vorteil der Nutzung des besonderen keine Nutzung desbeA elektronischen Anwaltspostfachs sind die nichtanwaltlichen Mitglieder der Bekl. von vorneherein ausgeschlossen. Denn die Nutzung des elektronischen Anwaltspostfachs ist der Anwaltschaft vorbehalten (§ 31a I 1 i.V.m. § 31 I 1 BRAO). Gleichwohl enthält der Jahresbeitrag 2022 der Bekl. von insgesamt 300 Euro einen Anteil von 70 Euro zur Finanzierung des elektronischen Rechtsverkehrs, der nahezu ein Viertel des Jahresbeitrags ausmacht und der Unterhaltung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs dient. BRAK-MITTEILUNGEN 1/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 54

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