bundenen Beaufsichtigung durch zwei berufsständische Kammern keine Doppelbestrafung. Zudem wird die Belastung durch eine doppelte berufsrechtliche Sanktionierung dadurch abgemildert, dass eine in einem anderen Verfahren erfolgte Ahndung desselben (pflichtwidrigen) Verhaltens gem. § 115b S. 1 BRAO im Regelfall dazu führt, dass von einer anwaltsgerichtlichen Maßnahme abzusehen ist (vgl. auch § 92 S. 1 StBerG). [67] (ee) Soweit der Kl. schließlich darauf verweist, dass Personengesellschaften, bei denen keine Beschränkung der Haftung der natürlichen Personen vorliegt und denen als Gesellschafter und als Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane ausschließlich Rechtsanwälte oder Angehörige eines in § 59c I 1 Nr. 1 BRAO genannten Berufs angehören, nach § 59f I 2 BRAO keiner Zulassung bedürften und ihre Gesellschafter keiner zweiten Zwangsmitgliedschaft unterworfen seien, lässt auch dies die Pflichtmitgliedschaft für Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane von Berufsausübungsgesellschaften, die diese Bedingungen nicht erfüllen, nicht als unangemessen erscheinen. Denn für die unterschiedliche Behandlung bestehen sachliche Gründe. Bei den von der Ausnahme in § 59f I 2 BRAO betroffenen Personengesellschaften handelt es sich um solche, deren Gesellschafter aus nahmslos selbst Kammermitglied sind (vgl. § 60 II Nr. 1 BRAO, § 53 II Nr. 1 PAO, § 74 I 1 StBerG, § 58 I 1, § 128 III 1 WPO) und einer Kammeraufsicht unterliegen (§ 73 II Nr. 4 BRAO, § 54 PAO, § 76 II Nr. 4 StBerG, § 57 II Nr. 4 WPO). Daher sind dort für die Sicherung der Einhaltung des Berufsrechts eine zusätzliche Aufsicht der RAK und die hierfür erforderliche Zulassung der Berufsausübungsgesellschaft (§ 60 II Nr. 2 BRAO) nicht erforderlich (vgl. BT-Drs. 19/27670, 186). Gleiches gilt dann folgerichtig auch für die geschäftsführenden Organe dieser Gesellschaften. Zudem haften die von der Ausnahme betroffenen Gesellschafter stets akzessorisch persönlich und sind nach ihren Berufsrechten verpflichtet, selbst eine Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten (vgl. § 51 BRAO, § 67 StBerG, § 45 PAO, § 54 WPO, § 130 I 1 i.V.m. § 54 WPO), weshalb es – anders als bei Personengesellschaften mit beschränkter Haftung oder Kapitalgesellschaften – keiner Überprüfung eines ausreichenden Versicherungsschutzes durch die RAK im Rahmen einer Zulassungsentscheidung (§ 59f II 1 Nr. 3 BRAO) bedarf (vgl. BT-Drs. 19/27670, 187; Weyland/Jähne, BRAO, 11. Aufl., § 59f Rn. 6). [68] ff) Da sich nach alledem § 60 II Nr. 3 BRAO als verfassungsgemäß erweist, soweit dort eine Mitgliedschaft von Steuerberatern in der RAK geregelt ist, ist eine teleologische Reduktion der Vorschrift – wie der Kl. sie begehrt – nicht erforderlich. [69] gg) Aus denselben Gründen ist – entgegen dem Antrag des Kl. v. 21.10.2024 – eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 I GG, §§ 80 ff. BVerfGG nicht veranlasst. Eine Vorlagepflicht besteht nicht schon bei Zweifeln an der Verfassungsgemäßheit eines Gesetzes, sondern nur, wenn das entscheidende Gericht von der Verfassungswidrigkeit einer entscheidungserheblichen Norm überzeugt ist (Senat, Beschl. v. 22.7.2020 – AnwZ (Brfg) 3/20, NJW 2020, 3170 Rn. 16 m.w.N.). Dies ist nicht der Fall. [70] hh) Die Rüge des Kl., der Gesetzgeber habe die Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 28.6.2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (Verhältnismäßigkeitsrichtlinie) mangelhaft umgesetzt, greift bereits deshalb nicht, weil – wie ausgeführt – die Pflichtmitgliedschaft in der RAK weder den Zugang noch die Ausübung eines reglementierten Berufs beschränkt (s.o.). Zudem steht die Verhältnismäßigkeitsrichtlinie derartigen Beschränkungen nicht entgegen, wenn sie – wie hier (s.o.) – auf zwingenden Gründen des Allgemeininteresses beruhen und verhältnismäßig sind (vgl. Art. 6 und 7 der Verhältnismäßigkeitsrichtlinie). HINWEISE DER REDAKTION: Bis zum 31.12.2024 sah das Berufsrecht in den Fällen eine doppelte Kammermitgliedschaft vor, in denen der jeweilige Berufsträger zugleich Mitglied eines Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgan einer für ihn berufsfremden Berufsausübungsgesellschaft gewesen ist (vgl. § 60 II Nr. 3 BRAO a.F.). Da der Begriff des Geschäftsführungsorgans auch die persönlich haftenden Gesellschafter umfasst, führte diese Norm insb. bei Gesellschaften, die nach mehreren Berufsrechten zugelassen sind, zu zahlreichen Doppelmitgliedschaften. So wurde bspw. ein Steuerberater, der auch Geschäftsführer oder Gesellschafter mit Geschäftsführungsbefugnis einer Berufsausübungsgesellschaft nach der BRAO ist, sowohl Mitglied einer Steuerberaterkammer als auch Mitglied einer Rechtsanwaltskammer. Zur Verwaltungsvereinfachung und zum Abbau unnötiger Bürokratie ist mit Wirkung zum 1.1.2025 für Rechtsanwälte, Steuerberater und Patentanwälte auf Doppelmitgliedschaften verzichtet worden. Im Gegenzug wurde die Aufsicht der für die Berufsträger zuständigen Kammer auf die Berufspflichten der Mitglieder des Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans nach den anderen Berufsgesetzen erweitert, um Lücken in der Berufsaufsicht auszuschließen. Sollte nunmehr z.B. eine Steuerberaterkammer feststellen, dass ein Rechtsanwalt als Mitglied eines Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgan einer Berufsausübungsgesellschaft nach dem StBerG Berufspflichten verletzt hat, muss sie die Rechtsanwaltskammer, deren Mitglied der Anwalt ist, über den Sachverhalt unterrichten. Anschließend wird dann die Rechtsanwaltskammer das aufsichtsrechtliche Verfahren nach den verfahrensrechtlichen Vorschriften der BRAO durchführen. BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 1/2025 61
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