FACHANWALTSCHAFTEN NACHWEIS BESONDERER PRAKTISCHER ERFAHRUNGEN IM ERBRECHT FAO §§ 5 I lit. m, 6, 14f * 1. Ein Fall ist „erbrechtlich“ i.S.d. § 5 I lit. m FAO, wenn er sich auf die in § 14f Nr. 1 bis 5 FAO bestimmten Bereiche des Erbrechts bezieht. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn ein Schwerpunkt der Bearbeitung in dem in § 14f FAO näher umschriebenen Fachgebiet Erbrecht liegt. * 2. Ein solcher erbrechtlicher Schwerpunkt ist nicht schon dann zu bejahen, wenn sich in einem Fall eine erbrechtliche Frage stellt oder auch nur stellen könnte. Es ist danach zu unterscheiden, ob der Fall originär diesem Gebiet zuzurechnen ist oder ob er thematisch einem anderen Rechtsbereich unterfällt und lediglich Berührungspunkte zum relevanten Fachgebiet aufweist. * 3. Ein thematisch dem Gebiet des Erbrechts zuzuordnender Fall ist als erbrechtlicher Fall i.S.v. § 5 I lit. m FAO anzuerkennen, wenn eine Frage aus den in § 14f FAO bestimmten Bereichen des Erbrechts zumindest erheblich werden kann. * 4. Dafür genügt nicht jeder beliebige erbrechtliche Gesichtspunkt. Vielmehr muss auch ein verschiedene Rechtsgebiete berührender Fall einen Bearbeitungsschwerpunkt im Erbrecht enthalten. * 5. Insoweit ist zwar nicht erforderlich, dass die erbrechtliche Problemstellung einen wesentlichen Anteil an der Fallbearbeitung hat oder gar den Mittelpunkt des Falles bildet. Es muss aber im Rahmen des Falles im maßgeblichen Referenzzeitraum eine für die juristische Bearbeitung relevante erbrechtliche Frage tatsächlich aufgeworfen werden. * 6. Nicht jedes vormundschaftliche Verfahren betrifft automatisch auch erbrechtliche Fragen, so dass es eines Nachweises eines erbrechtlichen Bearbeitungsschwerpunktes bedarf. BGH, Beschl. v. 14.10.2024 – AnwZ (Brfg) 25/24 AUS DEN GRÜNDEN: [1] I. Der Kl. ist seit dem Jahr 1991 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Schreiben v. 27.6.2021 beantragte er, ihm die Befugnis zur Führung der Bezeichnung „Fachanwalt für Erbrecht“ zu verleihen. Zum Nachweis seiner besonderen praktischen Erfahrungen reichte er eine Fallliste ein und versicherte anwaltlich die weisungsfreie und eigenverantwortliche Bearbeitung der dort aufgeführten Fälle. Der Aufforderung des Berichterstatters des zuständigen Fachanwaltsausschusses der Bekl. v. 18.9.2021, Arbeitsproben u.a. zu mehreren von ihm als rechtsförmlich angegebenen Fällen vorzulegen, kam der Kl. nicht nach und ließ auch die ihm vom Fachanwaltsausschuss gesetzte Ausschlussfrist (§ 24 IV FAO) fruchtlos verstreichen. Am 2.3.2022 beschloss der Fachanwaltsausschuss, die Ablehnung des Antrags zu empfehlen. [2] Mit Bescheid v. 11.1.2023 lehnte die Bekl. den Antrag nach Gewährung rechtlichen Gehörs in Übereinstimmung mit der Empfehlung des Fachanwaltsausschusses und unter Bezugnahme auf die Voten des dortigen Berichterstatters (v. 1.3.2022 und v. 1.8.2022) mit der Begründung ab, dass der Kl. den ihm obliegenden Nachweis praktischer Erfahrungen auf dem Fachgebiet „Erbrecht“ nicht erbracht habe. Von seinen dafür benannten Fällen seien nur 10 rechtsförmliche Verfahren und insgesamt nur 72 Fälle anerkennungsfähig, so dass sowohl die erforderliche Mindestfallzahl als auch das qualifizierende Quorum gem. § 43c I BRAO, §§ 2 II, 5 I Buchst. m, 6 FAO nicht erreicht sei. Bei etlichen Fällen sei der erbrechtliche Bezug nicht hinreichend vorhanden gewesen, eine recht hohe Zahl der als gerichtlich angegebenen Fälle sei nicht als rechtsförmlich zu qualifizieren und teilweise seien auch angeforderte Arbeitsproben nicht eingereicht worden. [3] Der AGH hat die dagegen erhobene Klage auf Verpflichtung der Bekl., dem Kl. unter Aufhebung des Bescheids die Befugnis zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung „Fachanwalt für Erbrecht“ zu verleihen, abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Kl. habe das nach §§ 43c I, 59a II Nr. 2 BRAO, §§ 2 I, 5 I Buchst. m FAO erforderliche qualifizierende Quorum von 20 rechtsförmlichen Verfahren mit erbrechtlichem Bezug nicht nachgewiesen. Von den 23 vom Kl. als rechtsförmlich bezeichneten Verfahren könnten jedenfalls die Fälle 1, 2, 3, 6, 7/7neu und 17 nicht berücksichtigt werden, weil es an dem dafür erforderlichen erbrechtlichen Bezug fehle. Darüber hinaus neige der Senat dazu, auch in den Fällen 4, 9, 13 und 24 einen erbrechtlichen Bezug zu verneinen. Dies könne im Ergebnis aber offenbleiben, weil der Kl. auch bei Berücksichtigung dieser Fälle und den von der Bekl. anerkannten Fällen das erforderliche Quorum von 20 rechtsförmlichen Verfahren nicht erreicht habe. Damit könne auch dahinstehen, ob die nach § 5 I Buchst. m FAO erforderliche Gesamtzahl von 80 Fällen erreicht sei. [4] Der Kl. beantragt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des AGH. [5] II. Der nach § 112e S. 2 BRAO, § 124a IV VwGO statthafte Antrag des Kl. hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 112e S. 2 BRAO, § 124 II Nr. 1 und Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor. [6] 1. Der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e S. 2 BRAO, § 124 II Nr. 1 VwGO) setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senatsbeschl. v. 27.4.2016 – AnwZ (Brfg) 3/16, BRAK-Mitt. 2016, 299 Rn. 3, v. 16.3. 2015 – AnwZ (Brfg) 47/14 Rn. 3 und v. 19.4.2022 – BRAK-MITTEILUNGEN 1/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 62
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