BRAK-Mitteilungen 1/2025

AnwZ (Brfg) 1/22, NJW-RR 2022, 1218 Rn. 3). Entsprechende Zweifel hat der Kl. mit seiner Antragsbegründung nicht dargetan. [7] Der AGH hat den Antrag des Kl. zu Recht mit der Begründung abgelehnt, dass der Kl. den nach §§ 43c I, 59a II Nr. 2 BRAO, §§ 2 I, 5 I Buchst. m, 6 I und III FAO erforderlichen Nachweis besonderer praktischer Erfahrungen im Fachgebiet „Erbrecht“ durch mindestens 20 rechtsförmliche erbrechtliche Verfahren nicht erbracht hat. Die dagegen erhobenen Einwände des Kl. greifen nicht durch. [8] a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Fall „erbrechtlich“ i.S.v. § 5 I Buchst. m FAO, wenn er sich auf die in § 14f Nr. 1 bis 5 FAO bestimmten Bereiche des Erbrechts bezieht. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn ein Schwerpunkt der Bearbeitung in dem in § 14f FAO näher umschriebenen Fachgebiet Erbrecht liegt (vgl. Senat, Beschl. v. 20.4.2009 – AnwZ (B) 48/08, BRAK-Mitt. 2009, 177 Rn. 8). [9] Entgegen der Ansicht des Kl. ist ein solcher erberbrechtlicher Schwerpunkt rechtlicher Schwerpunkt allerdings nicht immer schon dann zu bejahen, wenn sich in einem Fall eine erbrechtliche Frage stellt oder auch nur stellen könnte. Der Kl. übersieht, dass nach der Rechtsprechung des Senats für die Beurteilung, ob eine Fallbearbeitung ausreichende praktische Erfahrungen auf dem betreffenden Fachgebiet vermittelt, danach zu unterscheiden ist, ob der Fall originär diesem Gebiet zuzurechnen ist oder ob er thematisch einem anderen Rechtsbereich unterfällt und lediglich Berührungspunkte zum relevanten Fachgebiet aufweist (vgl. Senat, Urt. v. 10.3.2014 – AnwZ (Brfg) 58/12, NJW-RR 2014, 752 Rn. 13 bis 18 [zum Fachgebiet „Arbeitsrecht“] und v. 9.2.2015 – AnwZ (Brfg) 54/ 13, NJW-RR 2015, 745 Rn. 10, 37 [zum Fachgebiet „Urheber- und Medienrecht“]; jeweils m.w.N.). [10] Ein thematisch dem Gebiet des Erbrechts zuzuordnender Fall ist schon dann als erbrechtlicher Fall i.S.v. § 5 I Buchst. m FAO anzuerkennen, wenn eine Frage aus den in § 14f FAO bestimmten Bereichen des Erbrechts zumindest erheblich werden kann (vgl. Senat, Beschl. v. 20.4.2009 – AnwZ (Brfg) 48/08, BRAK-Mitt. 2009, 177 Rn. 8; Urt. v. 10.3.2014 – AnwZ (Brfg) 58/ 12, NJW-RR 2014, 752 Rn. 14 [zum Fachgebiet „Arbeitsrecht“]; jeweils m.w.N.). [11] Bei Fällen, die dem relevanten Fachgebiet nicht oriinhaltlicher Bezug zum Erbrecht ginär zuzuordnen sind, weil sie nicht schon von sich aus grundsätzlich einen erbrechtlichen Schwerpunkt aufweisen, ist dagegen der erforderliche inhaltliche Bezug zum Erbrecht nur gegeben, wenn im konkreten Fall erbrechtliche Fragen für die argumentative Auseinandersetzung tatsächlich eine Rolle spielen (vgl. Senat, Beschl. v. 20.4.2009 – AnwZ (Brfg) 48/08, BRAK-Mitt. 2009, 177 Rn. 9 sowie Urt. v. 10.3.2014 – AnwZ (Brfg) 58/12, NJW-RR 2014, 752 Rn. 14 bis 18 [zum Fachgebiet „Arbeitsrecht“] und v. 9.2.2015 – AnwZ (Brfg) 54/ 13, NJW-RR 2015, 745 Rn. 10, 37 [zum Fachgebiet „Urheber- und Medienrecht“]; jeweils m.w.N.). Dafür genügt nicht jeder beliebige erbrechtliche Gesichtspunkt; vielmehr muss auch ein verschiedene Rechtsgebiete berührender Fall einen Bearbeitungsschwerpunkt im Erbrecht enthalten (vgl. Senat, Beschl. v. 20.4.2009 – AnwZ (Brfg) 48/08, BRAK-Mitt. 2009, 177 Rn. 9). Insoweit ist zwar nicht erforderlich, dass die erbrechtliche Problemstellung einen wesentlichen Anteil an der Fallbearbeitung hat oder gar den Mittelpunkt des Falles bildet. Es muss aber im Rahmen des Falles im maßgeblichen Referenzzeitraum eine für die juristische Bearbeitung relevante erbrechtliche Frage tatsächlich aufgeworfen werden (vgl. Senat, Urt. v. 10.3.2014 – AnwZ (Brfg) 58/12, NJW-RR 2014, 752 Rn. 15 [zum Fachgebiet „Arbeitsrecht“]). Dass bei der Prüfung eines originär einem anderen Fachgebiet zuzuordnenden Falls nebenbei erbrechtliche Aspekte zu berücksichtigen sind, die keiner näheren Befassung bedürfen, weil sie sich als unproblematisch darstellen, reicht nicht aus. So wird ein Fall, dessen Schwerpunkt in einem anderen Fachgebiet liegt, nicht bereits dadurch zu einem (auch) erbrechtlichen Fall, dass einem Anspruch eine unstreitige Gesamtrechtsnachfolge gem. § 1922 BGB zugrunde liegt (vgl. Senat, Beschl. v. 20.4.2009 – AnwZ (B) 48/08, BRAKMitt. 2009, 177 Rn. 9 sowie Urt. v. 10.3.2014 – AnwZ (Brfg) 58/12, NJW-RR 2014, 752 Rn. 15, 20 [zum Fachgebiet „Arbeitsrecht“] und v. 9.2.2015 – AnwZ (Brfg) 54/13, NJW-RR 2015, 745 Rn. 37 [zum Fachgebiet „Urheber- und Medienrecht“]). [12] Die Feststellung dieser Voraussetzungen bei nicht originär erbrechtlichen Fällen erfordert eine wertende Beurteilung des Gewichts, das dem erbrechtlichen Gesichtspunkt für die juristische Ausarbeitung dieses Falles zukommt, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls (vgl. Senat, Beschl. v. 20.4.2009 – AnwZ (Brfg) 48/08, BRAK-Mitt. 2009, 177 Rn. 10; Urt. v. 10.3. 2014 – AnwZ (Brfg) 58/12, NJW-RR 2014, 752 Rn. 20 [zum Fachgebiet „Arbeitsrecht“]). Dabei obliegt dem Bewerber um den Fachanwaltstitel die Darlegung, welche erbrechtlichen Fragestellungen in welcher Form eine Rolle gespielt haben, um die gebotene Überprüfung zu ermöglichen (vgl. Senat, Urt. v. 10.3.2014 – AnwZ (Brfg) 58/12, NJW-RR 2014, 752 Rn. 20 [zum Fachgebiet „Arbeitsrecht“]), wozu er ggf. gem. § 6 III 2 FAO auch anonymisierte Arbeitsproben vorzulegen hat (vgl. Senat, Beschl. v. 23.9.2002 – AnwZ (B) 40/01, BRAK-Mitt. 2003, 25, 27). Kommt er dieser Mitwirkungspflicht nicht nach, geht das zu seinen Lasten (vgl. etwa BGH, Urt. v. 5.5.2014 – AnwZ (Brfg) 51/12 Rn. 10). [13] b) Ausgehend davon hat der AGH zu Recht den Darlegungslast beim Fachanwaltsanwärter Nachweis praktischer Erfahrungen im Fachgebiet „Erbrecht“ als nicht erbracht angesehen, weil der Kl. die erforderliche Anzahl von 20 rechtsförmlichen erbrechtlichen Verfahren gem. § 5 I Buchst. m FAO nicht dargetan und belegt hat. FACHANWALTSCHAFTEN BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 1/2025 63

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