BRAK-Mitteilungen 1/2025

klarzustellen, dass die Haftungsprivilegierung eines Arbeitnehmers i.S.v. § 611a BGB durch seine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nicht verlorengeht. Gerade der Umstand, dass der Gesetzgeber eine Berufshaftpflichtversicherung für den Syndikusrechtsanwalt – anders als für den niedergelassenen Rechtsanwalt – nicht für erforderlich gehalten und von der im ursprünglichen Gesetzentwurf noch enthaltenen Verpflichtung zu deren Abschluss sogar explizit abgesehen hat mit dem Argument, dass der Syndikus ohnehin (nur) der Arbeitnehmerhaftung unterliege, zeigt, dass der Gesetzgeber ausschließlich eine Zulassung von denjenigen Unternehmensjuristen ermöglichen wollte, für die die Privilegien der Arbeitnehmerhaftung gelten. Dementsprechend lässt sich der Gesetzesbegründung auch kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass es nach dem Willen des Gesetzgebers neben Syndikusrechtsanwälten, für die die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung gelten, auch Syndikusrechtsanwälte geben sollte, die keine Arbeitnehmer i.S.v. § 611a BGB sind und ihrem Dienstherrn nicht nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung, sondern nach den für ihr jeweiliges Vertragsverhältnis geltenden Regeln haften. [26] cc) Entgegen der Auffassung der Bekl. lassen sich keine anderen Rückschlüsse durch Evaluierung auch aus dem Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte v. 22.10.2020 (BT-Drs. 19/23821) keine anderweitigen Rückschlüsse auf den Willen des Gesetzgebers ziehen. Es handelt sich hierbei um eine Evaluierung der Auswirkungen der gesetzlichen Neuregelungen für den Zeitraum 2016 bis 2018. Der Bericht zeigt im Berichtszeitraum zur Zulassung eines Geschäftsführers ergangene Rechtsprechung auf (BT-Drs. 19/23821, 13 f.), verweist auf die in der Anwaltschaft vertretene Auffassung, wonach die Zulassungsvoraussetzung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses nicht sachgerecht sei, und kommt zu der Bewertung, dass der Begriff Arbeitsverhältnis im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens mit Blick auf die Haftungsfragen bewusst gewählt worden sei. Die Rechtsprechung zeige, dass ausreichend Raum für die weitere Entwicklung der Gesetzesanwendung in der Praxis bestehe; ein gesetzgeberisches Handeln sei nicht angezeigt (BT-Drs. 19/23821, 18 f.). Aussagen, die Rückschlüsse zuließen auf den Willen des Gesetzgebers, bei der Neuregelung der Syndikuszulassung auch Geschäftsführer-Dienstverträge als Arbeitsverträge i.S.v. § 46 II BRAO einzuordnen, ergeben sich hieraus nicht. [27] dd) Aus den Gesetzesmaterialien und der Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens, insb. aus dem Verzicht auf das Erfordernis einer Berufshaftpflichtversicherung unter Verweis auf die Geltung der Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung, ergibt sich mithin der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers, eine Syndikuszulassung nur für die anwaltliche Tätigkeit im Rahmen von Arbeitsverhältnissen zu ermöglichen, für die die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung gelten. Diese gesetzliche Konzeption umfasst die Zulassung von Geschäftsführern nicht. Denn ein Geschäftsführer ist kein Arbeitnehmer. Die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung gelten für ihn dementsprechend nicht (vgl. BGH, Urt. v. 18.3. 2019 – AnwZ (Brfg) 22/17, NJOZ 2019, 964 Rn. 6; v. 25.6.2001 – II ZR 38/99, BGHZ 148, 167, 172). Vielmehr hat ein Geschäftsführer in Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden (§ 43 I GmbHG) und haftet der Gesellschaft nach § 43 II GmbHG auch für leichte Fahrlässigkeit, wenn er seine Obliegenheiten verletzt (vgl. MünchKommGmbHG/Fleischer, 4. Aufl., § 43 Rn. 309; Kleindiek, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 21. Aufl., § 43 Rn. 38). [28] c) Auch aus Sinn und Zweck der Neuregelung des Sinn und Zweck der Regelung Rechts der Syndikusanwälte ergibt sich – entgegen der Auffassung des Beigeladenen – nicht, dass der Gesetzgeber das Dienstverhältnis eines Geschäftsführers als Arbeitsverhältnis i.S.v. § 46 II BRAO ansehen und die Zulassung eines Geschäftsführers als Syndikusrechtsanwalt ermöglichen wollte. Im Gegenteil hat er die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bewusst auf Arbeitnehmer beschränkt. [29] Zwar wollte der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung der §§ 46 ff. BRAO der neueren Rechtsprechung des BSG zur Sozialversicherungspflicht der Tätigkeit als Syndikus Rechnung tragen, der zufolge eine anwaltliche Berufsausübung in der äußeren Form abhängiger Beschäftigung nicht möglich sein sollte, weil die Eingliederung in die von einem Arbeitgeber vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar sei, weshalb eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht komme (vgl. BSGE 115, 267 Rn. 39; BSG, WM 2014, 1883 Rn. 29). Als Reaktion hierauf sollte mit der Neuregelung der §§ 46 ff. BRAO eine statusrechtliche Anerkennung der Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt in einem Unternehmen als Rechtsanwalt, allerdings mit gewissen Einschränkungen, erfolgen (vgl. BT-Drs. 18/5201, 1 f.). Insbesondere sollte – wie nach bisheriger rechtlicher Handhabung – die Möglichkeit eröffnet werden, dass Syndikusrechtsanwälte von der Rentenversicherungspflicht befreit werden und in den anwaltlichen Versorgungswerken verbleiben, um auf diese Weise auch den Gleichlauf zwischen der berufsrechtlichen Zulassungsentscheidung und der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zu erreichen bzw. fortzuschreiben (vgl. BT-Drs. 18/5201, 13). [30] Daraus folgt jedoch nicht, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung der §§ 46 ff. BRAO eine Zulassung jeglicher sozialversicherungspflichtiger anwaltlicher Tätigkeit und damit auch derjenigen eines GmbHGeschäftsführers ermöglichen wollte. Er hat die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt vielmehr bewusst auf Arbeitnehmer beschränkt. SYNDIKUSANWÄLTE BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 1/2025 75

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