BRAK-Mitteilungen 1/2025

spricht. Die qualifizierte elektronische Signatur hat die gleiche Rechtswirkung wie eine handschriftliche Unterschrift (§ 25 II elDAS-VO). Sie soll – ebenso wie die eigene Unterschrift oder die einfache elektronische Signatur – die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (vgl. Senat, Beschl. v. 19.1. 2023 – V ZB 28/22, NJW 2023, 1587 Rn. 10 m.w.N.). Die sichere Übermittlung des einfach signierten elektronischen Dokuments ersetzt ebenfalls den Authentizitätsnachweis durch eigenhändige Unterschrift nach § 130 Nr. 6 ZPO (vgl. BeckOK ZPO/vonSelle[1.9.2024], § 130a Rn. 11; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 130a Rn. 6). Das Fehlen der nach § 130a III ZPO erforderlichen einfachen Signatur einer auf einem sicheren Übermittlungsweg als elektronisches Dokument eingereichten Klageschrift kann daher nur dann ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen eine der einfachen Signatur vergleichbare zweifelsfreie Gewähr dafür ergibt, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Klageschrift übernommen und diese willentlich in den Rechtsverkehr gebracht hat (vgl. Senat, Beschl. v. 19.1.2023 – V ZB 28/22, NJW 2023, 1587 Rn. 11; BAGE 172, 186 Rn. 19). [19] (3) Solche Umstände verneint das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei. [20] (a) Zum Nachweis dafür, dass der Prozessbevollmächtigte des Kl. der Urheber der Klageschrift ist und für diese die Verantwortung übernimmt, genügt nicht, dass allein dieser in dem Briefbogen der Klageschrift namentlich aufgeführt ist. [21] (aa) Allerdings wird vertreten, dass bei einem in dem Briefbogen als solchen ausgewiesenen Einzelanwalt zu dessen Identifizierung regelmäßig der maschinenschriftliche Abschluss des Schriftsatzes mit „Rechtsanwalt“ ausreiche. Hierdurch werde ohne Weiteres erkennbar, dass der Kanzleiinhaber Urheber der schriftlichen Prozesshandlung sei und die inhaltliche Verantwortung für das betreffende Dokument übernehme (vgl. BAG, NJW 2022, 3028 Rn. 2). [22] (bb) Ob diese Ansicht zutrifft, erscheint zweifelhaft. keine Gewähr für vollständige Aufzählung Der Briefbogen einer Anwaltskanzlei bietet keine Gewähr für eine vollständige Aufzählung der in einer Kanzlei tätigen Rechtsanwälte und ist daher kein rechtssicherer Bezugspunkt für die Zuordnung der Verantwortlichkeit für einen Schriftsatz zu einem bestimmten Berufsträger. Der Briefbogen hat lediglich die gesetzlichen Mindestangaben nach § 10 BORA zu enthalten, so dass etwa angestellte Rechtsanwälte nicht aufgelistet werden müssen (vgl. BeckOK BORA/Römermann [1.3.2024], § 10 Rn. 60). Dass im Briefbogen der Kanzlei nur ein Rechtsanwalt genannt ist, schließt daher nicht aus, dass ein dort nicht aufgeführter Rechtsanwalt die Verantwortung für den Schriftsatz übernommen hat (vgl. OLG Zweibrücken, MDR 2024, 462, 463; OLG Celle, BeckRS 2024, 6608 Rn. 15; OLG Braunschweig, NStZ 2023, 639 Rn. 9; OLG Hamm, NJW-RR 2022, 1423 Rn. 19 ff.; OLG Karlsruhe, NJW 2021, 3733 Rn. 24 ff.; OVG Lüneburg, BeckRS 2023, 931 Rn. 9; OVG Hamburg, BeckRS 2022, 32909 Rn. 13; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 130a Rn. 12). [23] (cc) Die Frage bedarf hier jedoch keiner EntscheiKanzleibezeichnung „(...) Rechtsanwälte” dung, weil der für die Klageschrift verwendete Briefbogen den Prozessbevollmächtigten des Kl. gerade nicht als Einzelanwalt ausweist. Zwar ist dort nur der Prozessbevollmächtigte des Kl. als Rechtsanwalt namentlich aufgeführt. Hinzu tritt aber die Kanzleibezeichnung „(...) Rechtsanwälte“, die auf die Tätigkeit einer Mehrzahl von – nicht namentlich aufgeführten – Rechtsanwälten für die Kanzlei hindeutet. Darauf, ob der Prozessbevollmächtigte des Kl. zum Zeitpunkt der Klageeinreichung tatsächlich als Einzelanwalt tätig gewesen ist, kommt es nicht an. Es bedurfte daher keiner Feststellungen des Berufungsgerichts zu den konkreten Sozietätsverhältnissen. Die einfache Signatur muss gewährleisten, dass sie von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme einer bestimmten Person als Verantwortlicher zugeordnet werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 7.9.2022 – XII ZB 215/22, NJW 2022, 3512 Rn. 11; Tiedemann, jurisPRArbR 2/2023 Anm. 3). Eine solche Zuordnung lässt sich nicht zweifelsfrei herstellen, wenn – wie hier – die Kanzleibezeichnung im Briefbogen den Schluss auf eine anwaltliche Tätigkeit mehrerer Berufsträger zulässt. [24] (dd) Dies gilt entgegen der Ansicht der Revision auch dann, wenn die Klageschrift mittels beA an das Gericht übermittelt wird. Zwar wird in diesen Fällen ein vertrauenswürdiger Herkunftsnachweis (VHN) erzeugt, welcher nachweist, dass die Nachricht aus einem bestimmten Postfach abgesandt wurde (vgl. Müller, FA 2019, 170, 171). Die nachgewiesene Identität des absendenden Rechtsanwalts lässt jedoch, jedenfalls wenn der Briefbogen – wie hier – auf eine Tätigkeit mehrerer Berufsträger in der Kanzlei hindeutet, nicht zugleich mit der erforderlichen Sicherheit darauf schließen, dass der als Absender ausgewiesene Rechtsanwalt auch die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernommen hat. Denn es ist nicht auszuschließen, dass er den von einem Dritten verfassten Schriftsatz übermittelt. Deshalb fordert das Gesetz in § 130a III 1 Alt. 2 ZPO zusätzlich zu der Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg eine einfache Signatur, um zu dokumentieren, dass die von dem sicheren Übermittlungsweg als Absender ausgewiesene Person mit der das elektronische Dokument verantwortenden Person identisch ist (vgl. BT-Drs. 17/12634, 25). [25] (b) Auch aufgrund anderer Umstände lässt sich nicht auf jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Weise bis zum Ablauf der Klagefrist des § 45 S. 1 WEG BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 1/2025 81

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